Dieser Artikel “Bildung zum Selbst” von Sandra Gross wurde ursprünglich in den Sanathana Sai Sanjeevini Mitteilungen im August 2024 veröffentlicht.
Auf der diesjährigen Sanjeevini-Jahrestagung wurden Erfahrungen und Einsichten zum Thema Bildung und menschliche Bildung präsentiert. Im Vortrag «Bildung zum Selbst» ging es darum, welches Menschenbild dazu befähigt, Mitgefühl mit sich selbst und anderen zu entwickeln und gemäß den fünf menschlichen Grundwerte Liebe (Prema), Wahrheit (Sathya), rechtes Handeln (Dharma), Frieden (Shanti) und Gewaltlosigkeit (Ahimsa) zu handeln, und welche Gedanken, Gefühle, Verhaltensweisen oder Probleme uns daran hindern können.
Anlass zur Transformation
Unser Höheres Selbst begleitet uns unser gesamtes Leben lang, ob wir uns dessen bewusst sind, oder nicht. Der Drang, das Leben zu ändern oder die Perspektive zu wechseln, wird oft durch das Höhere Selbst initiiert. Eine Krise oder bewusstes Reflektieren können uns zur Transformation bewegen, wenn wir etwas in unserem Leben ändern wollen.
Transformation wird oft durch Probleme oder Herausforderungen angestoßen, die wir mit den gewohnten Mitteln nicht lösen können. Durch negative Gedanken in der Situation, negative Glaubenssätze, negative Emotionen oder Verhaltensweisen, die nicht den menschlichen Grundwerten entsprechen, können die Herausforderungen nicht gelöst werden. Mit positiven Handlungen und einer neuen Perspektive ist es dann möglich, das Problem zu lösen. Dadurch wachsen Menschen innerlich an ihren Herausforderungen, ihr Selbstwertgefühl wird gestärkt, und eine positive Transformation ihrer Persönlichkeit zum Besseren hin ist möglich.
Aber wie kommt man dort mit Leichtigkeit hin? Mein Vorschlag ist zwei Wege gleichzeitig zu gehen: (1.) Heilung der Programmierungen aus der Kindheit und (2.) Kultivierung einer praktischen, konsistenten und bewussten Spiritualität im Alltag.
Heilung der Programmierungen aus der Kindheit
Unser persönliches Selbst wird von Erfahrungen aus der Kindheit, karmischen Prägungen oder Mustern aus der Ahnenlinie bestimmt. In der Kindheit erleben wir Situationen, die unseren Emotionalkörper prägen. Viele glauben, dass der Emotionalkörper wieder so geformt wird, wie er in der letzten Inkarnation verlassen wurde. Ungelöste Probleme kehren in diesem Leben zurück, damit wir wachsen und negative Eigenschaften transformieren können. Eine Person, bei der Wut zum Beispiel ein Bestandteil ihrer Persönlichkeit war, würde nach dieser Lehre in diesem Leben wieder in Situationen kommen, in denen sie eine neue Lösung finden muss, ohne die Wut. Man darf gelegentlich zwar auch mal ärgerlich sein, solange man anderen keinen Schaden zufügt, nicht an dieser Emotion festhält und sie nicht zum Teil der Persönlichkeit werden lässt. Es gibt natürlich noch viele andere Gründe für Kindheitserlebnisse, auf die hier aber nicht näher eingegangen werden soll.
Unbewusste und bewusste Programmierungen als Erwachsene haben oft ihren Ursprung in der Kindheit, von übernommenen Glaubenssätzen aus der Familie über kleinere Verletzungen bis hin zu schweren Traumata. Hinweise auf die Programmierungen der Kindheit können wir durch die Selbstreflexion gewinnen. Zum Beispiel können wir uns fragen: Wann reagieren wir emotional? Wo kritisieren wir uns ständig? Gibt es bestimmte Auslöser für nicht wünschenswerte Verhaltensweisen von uns? Warum laufe ich immer wieder in dieselbe Art von Problemen?
Ein Beispiel aus meiner Praxis: Ein Kunde schlief immer noch mit 40 mit eingeschaltetem Licht und hatte bei Stress Atembeschwerden und schweren Husten. Er konnte nicht mit dem Rauchen aufhören. In einem meditativen Zustand kam er zur Ursache des Problems: Sein Vater hatte ihn beim Spielen fast mit einer Decke erstickt, was einen Hustenanfall auslöste. Daraufhin lies der Vater ab. Das Unterbewusstsein speicherte, dass bei grossem Stress Husten Erleichterung schafft. Durch die Rückführung und die Visualisierung des gleichen Erlebnisses mit anderem, positiven und nicht traumatisierenden Ausgangs wurde die Erinnerung umgeschrieben, sodass keine Gefahr mehr bestand, und somit auch kein Bedürfnis des Unterbewusstseins meinen Klienten durch Husten zu schützen.
Unbefriedigte Bedürfnisse in der Kindheit und Traumata können also später emotionale Muster und Emotionen erzeugen, die die Verbindung zum Höheren Selbst blockieren. Das Ziel ist, dass wir diese lösen, so dass wir den Bewusstseinsstrom unseres Höheres Selbsts immer besser aufnehmen können und dadurch unser Leben und unsere Persönlichkeit immer mehr durchdringt. Anders ausgedrückt könnte man auch sagen, dass der reine Bewusstseinsstrom aus unserem Innersten, unser göttlicher Funke, sich nicht vollständig in uns ausdrücken kann.
Kultivierung einer praktischen, konsistenten und bewussten Spiritualität im Alltag
Die Transformation gelingt leichter, wenn man neben der bewussten Heilung eine praktische, konsistente und bewusste Spiritualität im Alltag lebt. Um die Verbindung zum Höheren Selbst zu stärken und die eigene Spiritualität zu fördern, können folgende Methoden hilfreich sein:
- Pausen einlegen: Bei emotionalen Reaktionen oder Grübeleien den Kanal wechseln und positive Aktivitäten durchführen, wie Atemübungen, Dehnungen oder das Rezitieren eines Mantras. Das brauchen nur ein paar Minuten sein. Es ist nicht notwendig direkt eine 90-minütige Yogastunde zu besuchen.
- Dankbarkeit praktizieren. Dankbarkeit ist das Gegenteil von Angst. Wir können nur für Dinge dankbar sein, die bereits hier und jetzt sind, und sie sind positiv. Dankbarkeit ist auch ein kraftvolles Werkzeug zur Manifestation positiver Veränderungen. Dabei ist es wichtig, sich vorzustellen, dass sich das, was man sich wünscht bereits in seinem Leben ist. Für das Unterbewusstsein gibt es keinen Unterschied von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
- Sein Leben und seine Umstände segnen. Alles was man segnet und es ist negativ, wird positiv. Alles was positiv ist, wird noch positiver. Durch die regelmässige Praxis des Segnens kann ein tiefes Gefühl der Verbundenheit mit dem Universum entstehen.
- Regelmäßige Achtsamkeit, Meditation und Hingabe: Achtsamkeit bringt in den gegenwärtigen Moment, Meditation fokussiert den Geist und Hingabe überlässt das Ergebnis dem Göttlichen.
- Gebet: Gebet ist ein einfaches und kraftvolles Werkzeug, um Sorgen zu mindern. Es kann Vertrauen, Zuversicht und Akzeptanz stärken und jemanden die Zuversicht und den inneren Frieden geben, die er braucht, um seine Herausforderung besser meistern zu können.
Die Verbindung von Heilung und Spiritualität
Je mehr wir uns um unsere persönliche Heilung kümmern und gleichzeitig ein engagiertes und spirituelles Leben führen, desto mehr haben wir die Möglichkeit zu beobachten, wie wir uns Schritt für Schritt entwickeln. Wir lösen Probleme, vor denen wir sonst möglicherweise die Augen verschlossen hätten oder uns sogar in eine Pseudospiritualität geflüchtet hätten. Für Praktizierende und Klienten ist es wichtig, die Heilmethode zu finden, die dem Bewusstsein des Klienten entspricht und die größtmögliche positive Transformation bewirken kann. Die Sanjeevini-Heilmethode bietet einen effektiven Weg, die Ursachen von Problemen auf eine spirituelle Art und Weise zu heilen.
Für eine vollständige Transformation sind sowohl Heilung als auch spirituelle Praxis notwendig. Dieser Ansatz auf mehreren Ebenen gleichzeitig ermöglicht es, negtive Emotionen und Verhaltensweisen von innen heraus zu heilen, eine tiefere Verbindung zum höheren Selbst zu entwickeln und auf natürliche Weise eine immer höhere Spiritualisierung im Leben zu erreichen. Es gilt zu erkennen, dass es nicht ein spirituelles und ein weltliches Leben gibt, als ob das zwei verschiedene Dinge wären. Wir wollen darauf hinarbeiten, unser tägliches Leben und unsere Persönlichkeit immer mehr auf spirituelle Werte auszurichten, und zwar mühelos. Unser spirituelles Leben und unser weltliches Leben dienen uns am meisten, wenn sie als eine Einheit betrachten.
Sandra Veronika Gross