Lehren aus der Ein- und Ausfuhr von Matratzen in und aus einem Ashram

Ich bin zurück in Zürich, arbeite in meiner Bank und erinnere mich gerade an eine Geschichte, die sich ereignete, als ich im September in Puttarparthi war, wo sich der Ashram befindet.

Ich dachte darüber nach, wie ich mich und andere bei meiner täglichen Arbeit behandle und was ich aus Indien mitgenommen habe. Ich hatte das Gefühl, meinen Job ernst zu nehmen, doch verglichen mit anderen Jobs davor nicht mehr so ernst im engeren Sinne. Das hatte mich oft zermürbt und mein Kopf mit Gedanken gefüllt, die mich von meinem Job entfremdeten, anstatt mich mit ihm zu verbinden und die anfallenden Aufgaben auf eine einfachere, glücklichere Weise zu erledigen.

Was ist also passiert? Was macht mich entspannter und befähigt mich daher, die Verantwortung für mein Handeln entspannter zu übernehmen?

In erster Linie geht es darum, wie ich mich selbst behandle. Und darin liegt die Lösung. Ich brauche keine Anerkennung von außen, sondern meine eigene: dass ich zufrieden und glücklich bin mit dem, was ich tue. Klingt logisch, klar, einfach. Das ist es allerdings nicht, wenn man Ängste hat. Zum Beispiel: Werde ich es schaffen, meine Doktorarbeit zu schreiben? Wird mein Professor sie akzeptieren? (Ängste sind immer so groß! Sie haben ihr eigenes Leben…) Anstelle von: Das ist mein Ding. Ich liebe es. Ich mache es einfach so, wie es sich für mich richtig anfühlt.

Ich behaupte nicht, dass ich ständig diese negativen Gefühle hatte, sie sind nur ein Aspekt. Manchmal bin ich auf der positiven “Flow-Seite” und manchmal auf der harten, festgefahrenen Seite und verliere mich in dem ” Ich-muss-Anerkennung-von-außen-bekommen”-Ding, was KEINEN SPASS macht.

Es gibt eine Geschichte aus dem Aschram, die das Ganze illustriert. Ich entdecke sehr oft Situationen im Umfeld, die eine Situation in mir widerspiegeln. In dieser Geschichte geht es um eine solche Situation.

Wir kamen im Ashram an und kauften neue Matratzen für unsere Zimmer. Als wir eintraten hielt uns die Polizei an. Sie wollten alles über die Matratzen wissen, wo sie gekauft wurden, usw. Wir mussten die gelben Quittungen zeigen, die der Ladenbesitzer ausgestellt hatte, und aus denen hervorging, dass wir sie tatsächlich gekauft hatten. Wir wollten ihm die Matratzen am Ende unseres Ashram-Aufenthalts zurückbringen und einen Teil des Geldes zurückzubekommen. Er wollte sie als gebraucht erneut verkaufen. Um zu beweisen, dass die Matratze persönliches Eigentum ist, muss der Kaufbeleg, beim Verlassen des Ashram mit einer Matratze, gezeigt werden. Versehentlich trug der Ladenbesitzer ein falsches Kaufdatum auf unseren gelben Papierquittungen ein. Die Polizei nahm die Quittungen mit und sagte, wir sollten morgen wiederkommen. Nach langem Hin und Her durften wir die Matratzen in den Ashram bringen.

Ich war im Urlaub. Ich war für die Arbeitsweise in Indien aufgeschlossen und dachte: “Na und?”. Die Einfuhr dieser Matratzen und die Gespräche mit der Polizei hatten mir Spaß gemacht. Ich war eher neugierig zu sehen, wie alles funktioniert. Es gab keine Angst oder den Gedanken, dass ich diese Sache erledigen müsse. Ich hätte auch mit der anderen Matratze, die schon in meinem Zimmer lag, überlebt (obwohl es wirklich sehr schön ist, eine neue zu haben :-) )

Am nächsten Tag ging ich zurück, um die gelben Quittungen abzuholen. Ohne Erfolg. Andere Polizisten. Ich habe die Geschichte noch einmal erzählt. Um es kurz zu machen: ich war mindestens anderthalb oder sogar zwei Wochen dort, zu verschiedenen Tageszeiten, mit verschiedenen Polizeibeamten, stets geduldig und kämpfte auf sehr freundliche Art und Weise um meinen gelben Schein. Nichts hing davon ab – so mein Gefühl. Ich hätte die Matratze jemand anderem geschenkt, wenn ich sie nach meinem Aufenthalt nicht zurückbringen könnte.

Aber: irgendwie schien es wichtig, diese gelben Quittungen zu bekommen. Ich war mir darüber sehr im Klaren.

So wurde der Gang zur Polizeiwache, wo ich immer wieder meine Geschichte erzählte, zu einer Routine während meines Aufenthalts im Ashram. Ich war immer sehr freundlich. Manche der Beamten mochten mich, manche mochten mich nicht. Mir war das egal, ich kam einfach immer wieder vorbei.

Eines Abends dachte ich, ich hätte endlich den “CA” – den Polizeibeamten des Abends, der die gelben Quittungen einsammelte – gefunden. Doch das hatte ich nicht; er war nicht da. Da kam die Wahrheit zum Vorschein: die anderen Beamten sagten zu mir: “Sie sind ein Problem.” Ich antwortete: “Ich weiß, dass ich ein Problem für Sie bin. Ich weiß, dass Sie keine Ahnung haben, wo die gelben Papiere sind. Aber ich brauche sie, denn es geht um viel Geld. Was können wir machen.”

Ein Beamter verschwand und kam nach zehn Minuten mit genau diesen gelben Papieren zurück!! Ich weiß bis heute nicht, woher sie kamen. Der CA kam nicht, und ich war zu glücklich, um ihn zu fragen, woher er sie hatte. Der Übersetzer war auch glücklich, nachdem er meine Geschichte so oft übersetzt hatte :-)

Warum sehe ich eine Verbindung zu meiner täglichen Arbeit? Die ganze Sache war ein Spiel und kein Spiel zugleich. Es war ein Spiel, weil ich innerlich entspannt war (keine Angst) und trotzdem nach außen hin effektiv gearbeitet habe (die ganze Zeit freundlich und ruhig bleiben, mich auf die anderen konzentrieren, nicht vergessen, weswegen ich gekommen bin, meine Grenzen kennen und wissen, was ich verlangen kann).

Dorthin zu gehen, fühlte sich an, wie im Einklang zu sein. Zu Hause hätte mich eine solche Verwaltungssache in den Wahnsinn treiben können. Doch dort war ich einfach nur entspannt und neugierig darauf, was mich diese Situation lehren würde.

Letztendlich war ich so froh und dankbar, diese Quittungen zu erhalten. Ich habe meine Matratze zurückgebracht, als ich abgereist bin. Der Ladenbesitzer war froh, dass er sie wieder verkaufen konnte. Ich gab einen Teil des Geldes meinem Träger, der mir immer half, indem er mir jeden zweiten Tag Papayas zum Frühstück brachte (so wichtig!!) und auch meine Matratze zurücktrug.

Meine wunderbare Freundin interpretiert die Geschichte folgendermaßen: ich habe mit meinem Über-Ich gesprochen, welches normalerweise mein größter Kritiker ist. Ich meine, was ist in einem Staat gefürchteter als die Polizei? Wenn ein Teil von mir beispielsweise Angst vor der Ablehnung meiner Arbeit hat, so ist es die laute Stimme meines inneren Kritikers. Die Polizisten repräsentierten also mein Über-Ich/Kritiker.

Ich hätte mich in Schuldgefühlen verlieren können: “Warum habe ich das Datum auf der Quittung nicht am ersten Tag überprüft?” oder die Polizisten verurteilen. Es wurde nicht geurteilt. Ich fühlte mit den Polizisten und sie mit mir: Mitgefühl.

Unter dem Strich: Es hat Spaß gemacht. Und es war ernst. Ich bin in meiner Mitte geblieben. Ich ging jeden Tag dorthin, akzeptierte und dachte: es ist, wie es ist. Ohne Sorgen über das Ergebnis. Nur mit dem Gefühl, es so gut wie möglich machen zu wollen. Freude darin zu finden. Ich fühlte mich dafür verantwortlich, die Quittungen zurückzubekommen. Wirklich. Ich habe mich mit den Polizisten auf sehr konstruktive und spielerische Weise auseinandergesetzt. Wir haben die Arbeit gemeinsam erledigt.

Ich vertraue darauf, dass ich diese spielerische, respektvolle Art in dem Spiel mit mir selbst beibehalte :-)

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Sandra Veronika Gross is a healer, yoga teacher and medium. She helps people with a busy schedule to engage in a healthy lifestyle in their own pace to be full of joy, follow their intuition and experience inner peace.